Rezension


Gerhard Streminger: David Hume. Sein Leben und sein Werk,
715 S., Schöningh, Paderborn 1994

in "Zeitschrift für Philosophische Forschung", Heft 3, Bd. 49 vom Juli-Sept. 1995, Frankfurt a.M.




Erfolg spricht für Qualität: Binnen drei Monaten erscheint Stremingers große Hume-Biographie in zweiter Auflage. Nach der kürzeren Bildmonographie des Grazer Philosophen (Hume, 1986, 21992) und nach der konzisen Darstellung des Œuvres durch Jens Kulenkampff (David Hume, 1989) liest man nun die bekannten biographischen Stationen in einer selten bekannten Ausführlichkeit. Ob es die Kindheit oder die Jugend Humes ist, ob der kurze Ausflug nach Bristol ins Geschäftsleben, der Frankreichaufenthalt, die Zeit als Privatlehrer "eines verrückten englischen Marquis" und die als Sekretär eines schottischen Generals, ob es um die Tätigkeit als Bibliothekar in Edinburg oder als Botschaftsangehöriger in Paris geht – mit leichter Feder breitet Streminger den sozial- und bildungsgeschichtlichen Hintergrund aus; er beschreibt die Figuren, mit denen Hume Umgang pflegt; und in diese Lebensbeschreibung komponiert er, die philosophische Entwicklung hinein. Die Grundgedanken der Werke (einschließlich der Essays, Dissertation und der History of England) gibt er verläßlich wieder, allerdings im Sinne einer elementaren Einführung, nicht mit dem Ziel einer kritischen Analyse.

Da die Quellen bekannt und auch erschlossen sind, darf man nichts grundsätzlich Neues erwarten, wohl aber eine genaue Darstellung. In der Tat schreibt Verfasser aus gediegener Kenntnis der Quellen und der reichen Sekundärliteratur. Und er schreibt als "Sympathisant", der sich ebenso mit Humes epikureischem Lebensstil identifiziert wie mit seiner philosophischen Grundhaltung, der Skepsis, und mit seiner unerbittlichen Religionskritik, und der sich bei der Wertschätzung Humes vor Superlativen nicht scheut; von "einem der größten Philosophen, die je gelebt haben", spricht er und vom bedeutendsten englischsprachigen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts.

Stremingers Biographie, vom Verlag großzügig ausgestattet, ist kein sehr philosophisches, aber ein sehr schönes Buch.

Otfried Höffe