Rezension zu:

GERHARD STREMINGER
David Hume. Sein Leben und sein Werk
Paderborn, Schöningh 1994, 715 S.


Information Philosophie, Nr. 3 vom August 1996

David Hume

In jüngster Zeit sind einige umfassende, gut lesbare und gleichwohl auf hohem Niveau geschriebene Biographien über Philosophen erschienen, so die von Rüdiger Safranski über Heidegger und Raymond Monks Wittgenstein-Biographie. In diese Reihe gehört auch Gerhard Stremingers 1994 erschienene voluminöse Hume-Biographie:

Streminger, Gerhard. David Hume. Sein Leben und sein Werk. 715 S., 1994, Ln., 2., unveränderte Auflage DM 98.--, kt., UTB 1879, DM 39.80, Ferdinand Schöningh, Paderborn.

Das Werk behandelt nicht nur die eigentliche Lebensgeschichte David Humes, es beschreibt auch die Geschichte und Kultur von Humes Heimat Schottland sowie der geistigen Strömungen seiner Zeit. Dem Autor, der zehn Jahre an diesem Buch gearbeitet hat, ist die Synthese von Biographie und Werk außerordentlich gut gelungen. Daran scheitern Biographien von Philosophen häufig.

Alles, was über Hume bekannt ist, hat der 1952 geborene Grazer Streminger zusammengetragen; man findet nicht nur eine ausführliche Beschreibung der kulturellen Atmosphäre Londons, in der Hume eine Zeitlang (ungern) gelebt hat, man findet auch eine Zusammenstellung der Theaterstücke, die er wohl besucht hat. Das Buch ist populär geschrieben, die Philosophie Humes klar dargestellt. Die einzelnen Werke werden Kapitel für Kapitel behandelt, wobei Streminger auf eine Paraphrasierung verzichtet und sich auf die Darstellung der Hauptgedanken konzentriert. Streminger ist gegenüber Hume nicht unkritisch, allerdings verbirgt er seine Bewunderung für und seine allgemeine Zustimmung zum Werk Humes nicht. Manchmal übertreibt der Topitsch-Schüler allerdings etwas mit seiner prononciert kirchenfeindlichen und aufklärerischen Einstellung, einzelne Leser könnten sich da bevormundet fühlen. Auch übernimmt er in der Darstellung der Beziehung Humes zu Rousseau die Sicht Humes und bewertet nicht nur die Persönlichkeit sondern auch die Philosophie Rousseaus extrem negativ.

Die Lektüre des Buches ist in stilistischer Hinsicht ein Genuß, die übersichtliche chronologische Darstellung, die präzise Zusammenfassung der einzelnen Kapitel von Humes Büchern machen das Werk aber auch zu einem guten Nachschlagewerk für Hume-Studien (leider fehlt ein Sachregister). Streminger hat längere Zeit in Edinburgh an den Originalquellen gearbeitet und ist dabei in der dortigen University Library auf zwei bislang unveröffentlichte Briefe Humes gestoßen, die er im Anhang seines Buches veröffentlicht. Zu erwähnen ist auch das reichhaltige, farbige Bildmaterial.

Das Buch ist nicht nur die erste umfassende neuere deutschsprachige Hume-Biographie (die letzte erschien 1929), es wird auch für die nächsten Jahrzehnte die maßgebende Hume-Biographie bleiben (sie korrigiert in mehrfacher Hinsicht die bisher maßgebliche von Ernest C. Mossner, die erstmals 1954 und 1980 in überarbeiteter Fassung erschien). Es ist nicht nur positiv rezensiert, sondern auch gut verkauft worden: Im August 1994 erschienen, konnte bereits im Oktober 1994 die zweite Auflage vorgelegt worden. Später erschien eine Studienausgabe in der Reihe Uni-Taschenbuch.

"Would that we had such a book in English!" schrieb begeistert Annette Baier von der University of Pittsburgh in dem Bulletin of the Hume-Society. Etwas zurückhaltender, aber durchaus positiv urteilten Stremingers deutschsprachige Kollegen. So der Hume-Kenner Jens Kulenkampff: "Es kann hier nicht die Aufgabe sein, auf Einzelheiten des mehr als siebenhundert Seiten umfassenden Werkes einzugehen, sondern nur die uneingeschränkte Empfehlung gegeben werden, daß, wer immer sich aus verläßlicher Quelle über einen der bedeutendsten und vielseitigsten Aufklärer informieren will, zu diesem ebenso lesbaren wie lesenswerten Buch greifen möge".